Biografie
Luise Sumpf wurde als jüngstes von vier Kindern des wohlhabenden Greifswalder Fabrikbesitzers und Senators August Sumpf am 27. Dezember 1861 geboren. |
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Ihr musikalisches Talent wird früh erkannt und gefördert. Als neunjähriges Mädchen, so wird in der Familie berichtet, wurde sie vom Zarenhof nach Petersburg eingeladen, um vor der Zarin ein Klavierkonzert zu geben. In Greifswald erhält sie Privatunterricht in Klavierspiel und Komposition bei dem seit 1856 an der Greifswalder Universität tätigem königlichen Musikdirektor Gustav Bemman (1807–1893), einem Freund Karl Löwes. Mit 13 Jahren beginnt sie selbstständig zu komponieren. Über ihre weitere Ausbildung ist wenig bekannt, Luise selbst gibt an, dass sie in Berlin bei Hedwig Wolff, Tochter des bekannten Bildhauers Albert Wolff – der mütterlicherseits entfernt mit ihr verwandt war – weiter Gesangsausbildung und von Richard Strauss den Berufstitel „Komponistin“ erhalten hat.[1] |
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Während der Berliner Zeit lernt sie den Arzt Dr. Ludwig Greger kennen. Sie heiraten am 12.03.1888 in Greifswald, wohnen aber weiter in Berlin in der Matthäikirchstraße 19 nahe der Staatsoper. Während der folgenden Jahre habe sie sich musikalisch weiter fortgebildet, so der „Hessenspiegel“ 1925. |
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Im Januar 1889 wird ihr erster Sohn Helmuth geboren, drei Jahre später ihr Sohn Klaus. 1894 übersiedelt die Familie nach Kassel-Wilhelmshöhe, wo ihr Ehemann eine Kuranstalt eröffnet. 1898 wird ihr jüngster Sohn Reinhold in Kassel geboren.
Ihr musikalisches Wirken beginnt in Kassel vermutlich etwas schleppend: Sechs Jahre nach ihrem Umzug schreibt sie an ihre Schwester Agnes über Erfolge, die sie in Kassel hat. „… und mir blüht jetzt meine Kunst mehrmals vor das große Publikum zu führen. Anfang April werde ich in zwei Konzerten mitwirkend singend und spielend, bekomme auch dafür mein Honorar, und ist erst der Bann gebrochen, wird das wohl öfters stattfinden. Jedes mal werde ich selbst mehrere Lieder von mir vortragen, sogar dieselben am Klavier auswendig begleiten. Du siehst meine liebe Netting, ich lasse alle Minnen springen und man streut mir schon recht viel Weihrauch.“[2] |
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Luise Greger soll nach Angaben von Zeitzeugen eine wunderbare Altstimme gehabt haben. 1911 lässt sich Luise Greger von ihrem Mann scheiden und zieht in eine prächtige große Wohnung in der Wilhelmshöher Allee. Dort finden ihre musikalischen Salons statt, bei denen sie selbst singt und am Flügel spielt bzw. ihren ältesten Sohn Helmuth, der sie - neben seinem Beruf als Chirurg und Frauenarzt - als zum Bariton ausgebildeter Opernsänger, begleitet. Zeit seines Lebens besteht eine enge Beziehung zu ihm und er unterstützt sie auch finanziell, um ihr einen repräsentativen Lebensstil zu ermöglichen. |
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In den folgenden Jahren wird sie in der deutschen und europäischen Musikwelt bekannt, ihre Lieder werden von vielen Sängerinnen und Sängern aufgeführt. Zahlreiche Liedkompositionen sind zeitgenössischen Künstlern und Künstlerinnen gewidmet. Bekannt ist, dass ihre Werke in Dresden, Leipzig, im Münchener Odeon und im Gürzenich Saal aufgeführt werden.[3] 1930 ernennt sie der Elsaß-Lothringer Bund zum Ehrenmitglied. Zu den Feierlichkeiten des 10 jährigen Jubiläums wird ihr vierstimmiges Chorwerk „Hymne an den Elsaß“ in der Kasseler Stadthalle aufgeführt. 1931 reist sie für mehrere Tage nach Doorn in Holland um an der Gedenkfeier der 1921 verstorbenen Kaiserin Victoria teilzunehmen und überreicht dort der zweiten Gemahlin des Kaisers mehrere Kompositionen.[4] |
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Nach dem Tod ihres älteren Sohnes übersiedelt sie nach Hofgeismar in das "Hessische Sichenhaus Gesundbrunnen" | |
Am 25.01.1944 verstirbt Luise Greger in Merxhausen und wird auf dem Wahlershäuser Friedhof in Kassel Bad Wilhelmshöhe beigesetzt. |
Die Gesamtzahl Luise Gregers Kompositionen umfasst vermutlich etwa 170 Werke, es ist auch die Rede von 240 (1932).[5] Eines ihrer letzten Werke, die Märchenoper „Gänseliesel“ – uraufgeführt am 10. Dezember 1934 am Stadttheater Baden- Baden – ist ein großer Erfolg[6] und trägt die Opus Nummer 170. Ihre Kompositionen umfassen sowohl volkstümliche Weisen in Plattdeutsch z. B. von der Greifswalder Dichterin Alwine Wuthenow (1820–1908), aber auch von Theodor Storm, Johann Wolfgang von Goethe, Herman Löns und anderen zeitgenössischen Autoren und Autorinnen.
Der größte Teil ihrer Kompositionen ist zu Lebzeiten veröffentlicht worden, vieles im Verlag Walter Simon, teilweise in mehrfachen Auflagen, so, dass von einem größeren Verbreitungsgrad ihrer Werke ausgegangen werden muss. Zu ihrem 70. Geburtstag 1932 schrieb die Kasseler Post:
„Die Stadt Kassel kann stolz darauf sein, Deutschlands bedeutendste lyrische Tondichterin der Gegenwart zu ihren Einwohnerinnen zu zählen“.[7]
In einem Zeitungsartikel wird ihr ferner bescheinigt, dass ihre Lieder „immer wieder durch die eingängliche Plastik des Melodischen, Klarheit und Feinheit des wohlklingenden Satzes und die ursprüngliche Wärme des natürlichen Empfindens [fesseln].“[8]
Ihre Lieder werden von Komponistinnen und Konzertsängerinnen geschätzt und in Konzerten aufgeführt.[9]
Nachdem im Januar 1939 ihr noch einziger lebender Sohn Helmuth verstirbt zieht sie sich mehr und mehr aus dem Musikleben zurück. Bis dahin lebte sie in ihrer Wohnung im „Hotel Weissenstein“ in Wilhelmshöhe. Im Juli 1939 zieht Luise Greger nach Hofgeismar in das „Hessische Siechenhaus - Gesundbrunnen, das unter Leitung des Pfarrers Theodor Weiss[10] stand. Dort konzertierte sie gelegentlich noch an ihrem Steinway -Flügel, wie aus Erzählungen in der Familie berichtet wird. Am 31. Mai 1943 beginnt mit dem Tod von Theodor Weiss, der versuchte die Bewohner des Altenheims vor den Euthanasiemaßnahmen der Nationalsozialisten zu schützen, ihr Leidensweg. Luise Greger wird am 2. Dezember 1943 im Sammeltransport der „Landesanstalt Merxhausen zugeführt und auf der Wache IIIa wegen „ allmählich zunehmender senilen Seelenstörung“[11] aufgenommen. Aus den noch vorhandenen Unterlagen ist zu erkennen, dass sie weitgehend orientiert und resolut agiert, auf ihrer Effektenliste erscheinen bei der Aufnahme wenige Dinge.[12] Durch gezielte Unterversorgung verstirbt Luise Greger am 25. Januar 1944 als Opfer der Euthanasie des Nationalsozialismus.[13]
Mit ihrem Tod und durch die Wirren des 2. Weltkrieges verwischen sich ihre Spuren und ihr musikalisches Werk gerät in Vergessenheit. In den 1990er Jahren entdeckte die Familie in einer alten Eisentruhe etwa 170 Werke und Briefe[14] Luise Gregers im Original. Seither wurde ihre Musik in mehreren Konzerten in Amerika und Deutschland wieder zum Leben erweckt. In Zusammenarbeit mit dem Furore Verlag entstanden in den letzten Jahren mehrere Alben als Neuauflage ihrer Lieder.
[1]Selbstauskunft Fragebogen Reichsmusikkammer Jahr unbekannt. Dokument in Familienbesitz.
[2]Original in Familienbesitz. Die in Sütterlin verfassten Briefe von Luise Greger an ihre Schwester sind noch nicht übersetzt und daher teilweise in ihrem Inhalt unbekannt.
[3] Biografie Furore Edition 7670 Text über Luise Greger.
[4]Ebd.
[5]Vgl. Kasseler Post vom 27.10.1932 zum 70. Geburtstag Dr. Gustav Struckmann.
[6]Unbekannte Quelle aus den 30er Jahren "Eine erfolgreiche Märchendichtung" (zum Märchenspiel "Gänseliesel") mit Kritiken über die Uraufführung in Baden Baden, Dezember 1934.
[7]Zitiert nach Wolfgang Hermsdorff: „Deutschlands bedeutendste Tondichterin“. In: Hessisch Niedersächsische Allgemeine, 24.12.1982.
[8]Zeitungsartikel "Luise Greger zu ihrem 70. Geburtstag am 27. Dezember" von 1932, Quelle unbekannt, Kopie im Familienbesitz.
[9]Würdigungsblatt für Clara Schumann mit Musikerinnen Autographen (1929) Original im Besitz des Sophie Drinker Instituts Bremen , sowie diverse Widmungen ihrer Kompositionen für zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler (Originale im Besitz des Furore Verlages)
[10]Zu Theodor Weiss sowie zur Geschichte des Siechenhauses Hofgeismar vgl. Julia Drinnenberg (2010) . „Stätten der Erinnerung- Gedächtnis einer Stadt. Die Opfer des Nationalsozialismus in Hofgeismar“
[11] Ärztliches Attest v. 29. November 1943 Hessisches Siechenhaus Hofgeismar in Krankengeschichte und Dokumente Luise Greger Archiv LWV Hessen.
[12]Krankengeschichte und Dokumente Landesheilanstalt Merxhausen, vom 2.Dezember 1943, Originale im Archiv des LWV Hessen.
[13]Vgl. Gerlinde Hoffmann S. 44.
[14] Die noch unveröffentlichten Briefe, Dokumente und Bilder von Luise Greger befinden sich im Familienbesitz.